In diesem Jahr feiert der KSC Lünen sein 75-jähriges Bestehen. Dabei blickt der Verein auf eine bewegte Geschichte mit großen Erfolgen zurück. Aber wie beim Kanusport üblich, musste immer auch wieder unruhiges Fahrwasser gemeistert werden.
Die Vereinsgründung
Bereits vor dem 2. Weltkrieg gab es in Lünen Kanusport. Im Krieg wurden jedoch alle in Lünen vorhandenen Bootshäuser zerstört. Schon bald nach dem Krieg organisierten sich Kanusportler der früheren Vereine „Turn-und Ballspielvereinigung“ und „Arbeitersportverein Lünen-Süd“ und gründeten die „Abteilung Kanu-Wassersport“, welche sich den Lüner Sportverein anschloss. Die wichtigste Aufgabe war zunächst die Beschaffung von Booten, um überhaupt wieder mit dem Renn- und Wandersport beginnen zu können.
Erfolge ließen nicht lange auf sich warten. Durch die deutschen Meisterschaften des Gespanns Josef Knepper und Theodor Kleine 1947 und ´48wurde der Wunsch nach einer eigenen Sportstätte in Form eines eigenen Bootshauses neu entfacht. Dieser Wunsch wurde vom Lüner SV nicht mitgetragen. Aufgrund des mangelnden Interesses des Hauptvereins an der Abteilung Kanu-Wassersport, entschlossen sich die Mitglieder der Abteilung, die weitere Aufbauarbeit und die sportlichen Aktivitäten in einem eigenständigen Verein zu organisieren.
So trafen sich die Mitglieder der Kanu-Abteilung am 20. März 1949 im Lokal Erich Kemper an der Münsterstraße. Die anwesenden Mitglieder erklärten schriftlich Ihren Austritt aus dem Lüner SV und beschlossen die Gründung des „Kanu- und Ski-Club Lünen“ als neue sportliche Heimat der Lüner Kanusportler.
Dem Vorstand des neuen Vereins gehörten an:
- Vorsitzender Heinrich Möller
- Vorsitzender Heinrich Tewes
Geschäftsführer Wolfgang Störmer
Schriftführer und Pressewart Günter Petrat
Kassierer Wilhelm Keiling
Wanderwart Wolfgang Gölz und Hugo Schmidt
Die beiden Spitzenathleten des Rennsports engagierten sich auch selbst. Josef Knepper übernahm das Amt des Sportwartes und Trainers, Theodor Kleine brachte sich als Jugendwart ein.
Das erste Bootshaus
Bereits zur Gründungsversammlung stellte die Stadt Lünen ein Grundstück am Nordufer des Datteln-Hamm-Kanals zur Verfügung, sodass der Bau des Bootshauses umgehend geplant und beantragt werden konnte. Zunächst aber wurden die vorhandenen Boote auf dem Heuboden des Hauses von Josef Knepper trocken gelagert. Das Haus lag direkt an der Lippe. Dort fand bis zur Fertigstellung des Bootshauses auch das Training der Kanuten statt. Die Erfolge sollten schließlich parallel zum Bootshausbau weiter gehen, was absolut überzeugend mit weiteren deutschen Meisterschaften ´49-53 durch Knepper und Kleine gelang. Durch die deutschen Meisterschaften sowie dem Sieg bei der Westeuropameisterschaften 1952 in Spanien, etablierte sich die Rennmannschaft des KSC Lünen schon in den Gründungsjahren als eine der erfolgreichsten Rennmannschaften im gesamten Bundesgebiet.
Parallel zum Trainings- und Wettkampfbetrieb wurde in einer enormen Energieleistung der Mitglieder die erste Bootshalle in Eigenleistung erstellt. Alle Mitglieder waren zur Mithilfe verpflichtet. Die Bauleitung übernahm der Vorsitzende Heinrich Möller. Nachdem Die Baugenehmigung, sowie die Genehmigung des Wasser- und Schifffahrtsamtes für den Bau des Bootsstegs vorlag, konnte am Nordufer des Datteln-Hamm-Kanals bei km 14,9 (Nähe Schwansbell) mit dem Bau begonnen werden. Der erste Spatenstich erfolgte am 18.08.1950, direkt am Tag nach Erhalt der Baugenehmigung. Bis Mai ´51 wurden 2499 Arbeitsstunden dokumentiert. Die Gebrauchsabnahme erfolgte am 23.06.51. Bis zur endgültigen Fertigstellung im Frühjahr ´52 waren aber noch einige Arbeiten auszuführen. 1955 wurde die Bootshalle um einen Aufenthaltsraum und eine Toilette erweitert
Erste internationale Erfolge
Als Anerkennung ihrer Erfolge als deutsche Serienmeister, wurden Josef Knepper und Theodor Kleine, auf Antrag des Vorstandes, bei der Jahreshauptversammlung am 13.01.1952 zu Ehrenmitgliedern ernannt. ´52 folgte dann der westeuropäische Meistertitel in Spanien, sowie ´53 eine Bronzemedaille bei der Weltmeisterschaft in Macon, Frankreich. Josef Knepper beendete Ende 1953, nach einer weiteren deutschen Meisterschaft, seine aktive Karriere. Damit war die Ära des Erfolgsduos Kleine/Knepper beendet. ´54 wurde Theodor Kleine deutscher Vizemeister. Die Erfolge der Junioren Walter Sander und Georg Lietz im selben Jahr mit dem deutschen Junioren-Meistertitel für Walter Sander, zeigt auch die erfolgreiche Nachwuchsarbeit der ersten Jahre.
Rennsport wird eingestellt
Trotz der Erfolge wurde nach Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Rennmannschaft Ende ´54 der Beschluss gefasst, den Rennsport einzustellen und sich auf den Wandersport zu konzentrieren. Die erfolgreichsten Sportler Kleine, Lietz und Sander blieben zwar Mitglieder, starteten in den Folgejahren bei Regatten aber für Bertasee Duisburg.
Olympia Silber und WM Gold
1956 konnte Theodor Kleine sich den Traum einer olympischen Medaille erfüllen. Silber bei den olympischen Spielen in Melbourne im K2 auf der Langstrecke mit Fritz Briel (Düsseldorf). Nach seiner Rückkehr wurde Kleine von den Lüner Bürgern, angeführt von Oberbürgermeister Stock ein glanzvoller Empfang bereitet. Auf einem Leiterwagen der Feuerwehr wurde Kleine in einem Triumphzug durch die Innenstadt gefahren. Die begeisterten Lüner füllten die gesamte Innenstadt. Zudem wurde Theodor Kleine durch Bundespräsident Theodor Heuss das „silberne Lorbeerblatt“ verliehen. 1958 saßen sogar alle 3 Lüner in den beiden deutschen K4 bei der Weltmeisterschaft in Prag. Kleine, Lietz und Sander gewannen 2 Gold- und eine Silbermedaille.
Die erste Lüner Regatta
Ab ´57 sind erste Einsätze der eigenen Rennmannschaft bei regionalen Regatten dokumentiert. Der systematische Neuaufbau wurde beim KSC Lünen in den 60er Jahren unter Leitung von Josef Knepper betrieben. Ab 1966 fuhr man national wieder vorne mit. Im selben Jahr wurde in Lünen auch die erste eigene Regatta ausgetragen, welche seither zu einer festen Größe im Regattakalender wurde. Große Teilnehmerzahlen und Sportler aus Holland und Belgien sorgten für internationales Flair.
In den Anfangsjahren war Pioniergeist und Erfindungsreichtum gefragt. So ist beispielsweise bekannt, dass in den ersten Jahren Booten und Sportler mit einem Feuerwehrfahrzeug zu den Regatten transportiert wurden. Wenn das alte Fahrzeug an längeren Steigungen auch mal überhitzte, wurde kurzerhand gestoppt bis der Motor wieder abgekühlt war. Die Wartezeit, auf der damals noch komplett leeren Autobahn, wurde gerne mit einem Fußballspiel überbrückt. Einen eigenen Vereinsbus konnte der Verein mit Fördermittel von Land und Stadt erst in den 60er Jahren anschaffen. Der Bootshänger dazu wurde wiederum von Vereinsmitgliedern selbst gebaut. Auch Boote waren wegen der enormen Kosten für die Sportgeräte lange Mangelware. Auch noch in den 60er Jahren wurden Regatten häufig mit geliehenen Booten bestritten.
Unfall erschüttert den Verein
Mitten in der beginnende zweiten Erfolgsserie des KSC erschütterte ein dramatischer Unfall den Verein. 1968 verunglückte Burghardt Knepper mit seinem Kajak auf der Ems bei Rheine tödlich. Er gehörte damals zur nationalen Spitze und galt als Olympiahoffnung des Vereins. In der Folge zog sich Josef Knepper vom Kanusport zurück. Die Betreuung der Wettkampfsportler übernahm nunmehr Wilhelm Nagel. Die positive Entwicklung der Rennsportmannschaft setzte sich dennoch fort.
Der KSC wieder international
Ab 1972 nahmen die Erfolge der Sportler weiter zu und der Verein stellte wieder Nationalsportler. Im selben Jahr wurde eine dringend benötigte Bootshauserweiterung von den Behörden nicht genehmigt. Ohne Heizung, Umkleiden und Duschen, war die Bootshalle längst nicht mehr auf der Höhe der Zeit. Für das Krafttraining im Winter wurde ein Gasheizer in die Bootshalle gestellt und mit eiskalten Hantelstangen trainiert. Dennoch war man weiter erfolgreich. Reiner Herzig wurde für einen Länderkampf in den deutschen K4 berufen und gewann Gold. Zudem starteten Herzig und Friedhelm Deuter im K2 und Peter Dudziak im K1 international und gewannen 3 Silbermedaillen.
Die Existenz war bedroht
1982 geriet der Verein unverschuldet in Existenznöte. Aufgrund von Bergschäden sollte der Kanal vor dem Bootshaus gespundet werden. 2 Meter hohe Spundwände sollten entstehen. Damit war klar, dass der Verein nur mit einem Standortwechsel weiter bestehen konnte. Durch die beginnenden Arbeiten wurde ein geregelter Trainingsbetrieb nahezu unmöglich. Sportler und Trainer konnten sich nicht mehr sehen, Anweisungen des Trainers waren nicht mehr zu hören und hohe Wellen sorgten für gefährliche Bedingungen. Richtig dramatisch wurde es, da sich die Suche nach einem neuen Standort und der Kampf mit den Behörden um Baugenehmigung und Fördergelder satte 4 Jahre hinzog. Regatten waren in dieser Zeit auch nicht mehr möglich. Umso herausragender ist die Tatsache, dass die Rennmannschaft weiter Erfolge feierte.
Das neue Bootshaus
Im April´87 konnte endlich mit dem Bau am Kanal, neben dem Freibad Gahmen, begonnen werden. Die Bauleitung übernahm Friedhelm Deuter. Nach gerade mal 8 Wochen wurde Richtfest gefeiert. Bis zum Einzug Ostern ´88 leisteten die Mitglieder unglaubliche 8000 Arbeitsstunden. Die Baudurchführung in kompletter Eigenleistung war entscheidend, um die Baukosten zu stemmen. Das moderne Bootshaus mit Umkleiden, Duschen, Kraft-/ Kardioraum und Paddelbecken, verbesserte die Trainingsbedingungen immens und bereitete die Basis für den enormen Erfolg des Vereins bis heute. Zudem bot das neue Bootshaus erstmals auch Umkleiden und Sanitäreinrichtungen für weibliche Sportler. Zwar hatte bereits 1979 Petra Nagel im K1 über 4000 m den ersten Landesmeistertitel für den KSC erreicht. Dies blieb aber die einzige Ausnahme. Mit Blick auf das geplante neue Bootshaus wurde ab ´86 mit dem Aufbau einer Mädchenmannschaft begonnen, welche schon im ersten Jahr mit einem Landesmeistertitel erfolgreich war.
Marathon – eine Lüner Spezialität
Ab Mitte der 80er Jahren wurde auch der neu eingeführte Kanu-Marathon schnell eine Spezialität der Lüner Sportler*innen. Hierbei mussten bis in die 90er Jahre hinein tatsächlich 42 km mit dem Kanu zurückgelegt werden. Zudem müssen während des Rennens mehrmals Laufstrecken, die sogenannten Portagen, mit dem Boot absolviert werden. Neben unzähligen Erfolgen bei Landes- und Deutschen Meisterschaften starteten zahlreichen Sportler und Sportlerinnen des KSC auch im Nationaltrikot bei Weltcups, Europa- und Weltmeisterschaften.
KSC wird Landesleistungsstützpunkt
Durch die sportlichen Erfolge in den späten 80ern und 1990 und 1991 wurde der KSC Lünen 1992 zum Landesleistungsstützpunkt des KV NRW unter der Leitung des Trainers Hans-Jürgen Hanisch. Im Zuge allgemeiner Sparmaßnahmen mussten Ende ´96 aber mehrere Stützpunkte wieder geschlossen werden. Dazu gehörte auch Lünen.
62 Jahre Kontinuität
1996 trat Paul Herzig als Vorsitzender des Vereins zurück. Als Gründungsmitglied war er von der ersten Stunde an dabei und hatte den Verein seit 1961 35 Jahre als erster Vorsitzender geprägt. Für seine Verdienste um den Verein wurde er zum Ehrenmitglied ernannt. Als Nachfolger wurde Friedhelm Deuter gewählt. Auch er prägt den Verein bis heute wie kein zweiter. Den Posten des ersten Vorsitzenden gab Friedhelm Deuter 2023 nach 27 Jahren ab. Als Ehrenvorsitzender ist er aber immer noch mit Herzblut und vollen Engagement dabei. Das Zepter für den Vorsitz hat er an seinen Sohn Christoph weitergegeben, welcher als sein Nachfolger gewählt wurde.
Erste EM-Medaillen seit 1952
Auch wenn die Rennmannschaft in den 90ern große Erfolge feierte, ging es in der Folgezeit immer weiter bergauf. 2004 und 2007 konnte Matthias Mork bei Junioren- und U23 EM Gold und Silber gewinnen.
2010er Jahre – Medaillen über Medaillen
2013 wechselte Jule Hake als 14 jährige Sportlerin von der KEL Datteln zum KSC Lünen. Sie wurde Teil einer Trainingsgruppe, die im Schüler- und Junioren-Bereich eine Erfolgsserie startete, die über Jahre die Landesmeisterschaften und auch Deutschen Meisterschaften dominierte und die Medaillenzahl in nicht gekannte Höhen verbesserte. 2016 gab es 45 Medaillen bei Landesmeisterschaften. 2018 holten unsere Sportler*innen 19 Medaillen von deutschen Meisterschaften an den Datteln-Hamm-Kanal. das waren unglaubliche Zahlen. Mit Jule Hake, Pia Engelhadt, Thorben Illtz, Gina Zint, Jody Sauerland, Luca Jaworek, um nur einige zu nennen, trugen sich so viele Sportler wie nie in die Siegerlisten ein. Zudem paddelten ab 2014 Jahr für Jahr gleich mehrere Sportler*innen in den Nationalkader, wodurch auch die Internationalen Erfolge zunahmen. Inzwischen hat sich Jule Hake auch bei den Erwachsenen etabliert und schraubt Ihre Erfolgsbilanz von Saison zu Saison höher. Den bisherigen Höhepunkt bilden die olympische Silber- und Bronzemedaille aus Paris in diesem Sommer.
Die Drachenboote
Seit 2007 ist der KSC Lünen auch die Heimat der Drachenbootmannschaft „Lüner Löwen“. 2015 kam mit den „Ladybugs“ noch eine zweite Mannschaft hinzu. Die „Ladybugs“ wurden 2011 in Kooperation mit dem Brustkrebszentrum des St. Marien-Hostpitals gegründet. Beide Drachenbootmannschaften bereichern unseren Verein und packen überall mit an. Sie trainieren 2-mal wöchentlich und starten bei nationalen und teilweise auch internationalen Drachenbootrennen.
Die Philosophie des Vereins
Von Anfang an spiegelt der Enthusiasmus und die tatkräftiger Hilfe der Mitglieder, sowie die ehrenamtliche Tätigkeit von Vorstand und Trainern den Charakter des Vereins wider. Das Trainerteam leistet für verschiedene Leistungsgruppen jeweils bis zu 14 Wochenstunden ehrenamtliche Trainingsarbeit und Betreuung bei den Regatten. Neben dem unermüdlichem Trainingsfleiß und der Selbstdisziplin der Sportler*innen ein entscheidender Faktor für den sportlichen Erfolg. Für die Finanzierung ist der Verein dabei wesentlich auf Fördergelder angewiesen und immer dankbar für Sponsoren, von denen viele dem Verein schon lange die Treue halten. Allein aus Mitgliedsbeiträgen ließen sich die laufenden Kosten nicht decken und aktuelles Sportgerät nicht anschaffen. Der Verein stellt allen Wettkampfsportlern Boote und Paddel zur Verfügung. Die Kosten für einen aktuellen Viererkajak liegen bei ca. 10000 €, ein „Einer“ kostet 3500 €, ein Paddel immerhin bis zu 500 €.
Der Dank für die bisherigen, unfassbar erfolgreichen 75 Jahre gilt allen Sportler*innen, Trainer*innen, Mitgliedern, Förderern und Sponsoren. Mehr zu den sportlichen Erfolgen lesen Sie im nächsten Artikel.